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St. Marien - Rostock

  • Öffnungszeiten:

    Besichtigung (außer Karfreitag und Heiligabend)

    Von Oktober bis April Montag – Sonnabend 10 – 16 Uhr, Sonntag und Feiertage 11.15 – 12.15 Uhr

    Von Mai bis September Montag – Sonnabend 10 – 18 Uhr, Sonntag und Feiertage 11.15 – 17 Uhr

    Von Mai bis Oktober werden täglich um 11 Uhr Kirchenführungen angeboten. Auf Anfrage ist eine etwa einstündige Turmführung mit Besichtigung von Gewölbe, Glockenstube und einem kurzem Blick in die Orgelanlage möglich. Täglich um 12 Uhr ist der Apostelumgang an der astronomischen Uhr zu sehen.

    Mittagsgebet

    Mai-September:

    Montag bis Samstag 12.00Uhr  mit Orgelmusik, freitags mit Friedensgebet (Litanei von Coventry)


    Orgelbesichtigung möglich, Treffpunkt 11.55 Uhr

  • Ort:
    Rostock
  • PLZ:
    18055
  • Kontakt:
    0381-51089710

Die norddeutschen Hansestädte waren im 13. und 14. Jahrhundert äußerst wohlhabend, und das demonstrierten sie auch mit der Zahl ihrer Kirchen und deren Größe und Ausstattung.

Die norddeutschen Hansestädte waren im 13. und 14. Jahrhundert äußerst wohlhabend, und das demonstrierten sie – nicht zuletzt gegenüber den finanziell oft klammen Landesherren – auch mit der Zahl ihrer Kirchen und deren Größe und Ausstattung. Vorbild war die Lübecker Marienkirche mit ihren beiden schlanken Türmen und dem welthöchsten Backsteingewölbe von 38 m. St. Marien in Rostock reiht sich ein in die Liste der damals entstandenen ganz Großen, sowohl mit Blick auf den umbauten Raum als auch mit seinen 31,5 m hohen Backsteingewölben im Mittelschiff und im Chor.

Der Sakralbau war zunächst Pfarrkirche der einstigen Mittelstadt und wurde nach dem Zusammenschluss der früheren Teilstädte 1265 zur Rats-, Hauptpfarr- und Universitätskirche. Gegenüber dem mittelstädtischen Rathaus, das nun Sitz der gesamten Stadtverwaltung war, sollte ein besonders prächtiger Bau stehen: 1290 beschlossen die Ratsheren, die gerade erst errichtete Hallenkirche zur Basilika umzuformen.

Dabei war – wie in Lübeck – eine Doppelturmanlage vorgesehen, was in Ansätzen noch heute an der Turmanlage zu erkennen ist. Nach rund 100 Jahren Bauzeit fügte man mitten in die im Entstehen befindliche Basilika ein gewaltiges Querhaus ein. Ob dieses ohnehin geplant war oder als Ersatz für den zwischenzeitlich verworfenen zweiten Turm dienen sollte, ist nicht überliefert. Unklar ist auch, warum eine Tafel davon berichtet, dass 1398 »die Kirche niederbrach«. Damit könnte sowohl ein im Zusammenhang mit dem Querhaus stehender Abriss als auch ein Mauereinsturz gemeint sein.

Wie auch immer: Nach rund 150 Jahren Bauzeit erhob sich an Rostocks Neuem Markt eine gewaltige Kirche, die zwar weder über zwei Türme noch über die schlanke Eleganz der Lübecker Marienkirche verfügte, dafür aber ein 76 m messendes Langhaus mit großem Umgangschor und Kapellenkranz sowie ein 73 m langes Querhaus aufzuweisen hatte. An der Kubatur sollte sich fortan nichts mehr ändern. Der Dreißigjährige Krieg blieb außerhalb der Rostocker Mauern und auch den Stadtbrand von 1677 überstand St. Marien unbeschadet. Erst 1942 drohte mit britischen Flächenbombardierungen wahrhaft große Gefahr, als rings um die Kirche alles in Schutt und Asche fiel und die drei anderen Stadtkirchen in Trümmern lagen oder vollständig ausbrannten. Dem selbstlosen Einsatz des damaligen Turmdieners, seiner Tochter und einiger beherzter Bürger ist es zu verdanken, dass in St. Marien auflodernde Brände gelöscht und größere Schäden ver- hindert wurden. Die Kirche überstand als einzige in Rostock das Inferno relativ unbeschadet.

In den vier Jahrzehnten des auf den Krieg folgenden Sozialismus zeigte die Bausubstanz mehr und mehr Alterungsschäden. Zwar wurden Dach und Fenster repariert, doch Dachstühle und Mauerwerk waren gegen Ende der DDR bereits stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Gewölbe hatten Risse, Stein- und Putzbrocken fielen aus über 30 Metern herab. Die Statik war nicht mehr sicher, die Fenster nur noch notdürftig geflickt.

1992 begannen umfassende Sicherungs- und Sanierungsarbeiten am Kirchenbau, die voraus- sichtlich 2018 abgeschlossen sein werden. Ab dann wird die Restaurierung der wertvollen Ausstattungsstücke im Mittelpunkt stehen.

Um 1500 wurden in der Marienkirche 40 Altäre gezählt – diese Zahl mag als Beispiel für die außerordentlich reiche vorreformatorische Ausstattung dienen. Längst nicht alle Stücke dieser Zeit haben die Jahrhunderte überdauert. Trotzdem zählt St. Marien zu den am besten ausgestatteten Stadtkirchen Mecklenburgs.

Das älteste Stück ist die bronzene Tauffünte aus dem Jahr 1290, die in ihrer Art für den gesamten Ostseeraum einmalig ist. Sie wurde laut Inschrift in Rostock gegossen und besteht aus dem Kessel und einem großen, spitzen Deckel, der von einem Adler gekrönt wird. Auf dem Deckel sind u. a. zwölf Männer und Frauen sowie die Taufe und Himmelfahrt Jesu dargestellt. Der Kessel zeigt Szenen aus dem Leben Jesu. Einige erkennbare Schäden stammen von 1942, als man die Fünte nach ersten Bombenangriffen in der Dorfkirche Belitz bei Teterow vergrub. Von dort kehrte sie erst 1951 zurück.

Der westliche Teil der Marienkirche wird durch die Fürstenloge und die darüber befindliche Orgel dominiert. Die Loge entstand zwischen 1749 und 1751, wird von zwei verglasten Balkonen flankiert und weist mit einem Wappen und den Initialien auf Herzog Christian Ludwig II. von Mecklenburg-Schwerin hin. Der barocke Orgelprospekt über der Fürstenloge wurde 1770 vollendet und entstand ebenso wie das dazu gehörige Instrument in der Rostocker Werkstatt von Paul Schmidt. Bereits 1793 musste die Orgel überarbeitet werden, ebenso 1880 und 1905 bis 1910. Heute erklingt eine Sauer-Orgel von 1938.

Gegenüber prunkt am Übergang zum Chor der 11 m hohe barocke Hauptaltar. Er wurde

1720 / 21 von Rostocker Künstlern und Handwerkern nach dem Entwurf des Berliner Baudirektors Christian Rudolph Stoldt gefertigt. Die drei Gemälde zeigen das letzte Abendmahl, die Auferstehung und eine Darstellung der Pfingstgeschichte.

Von den einst 40 Nebenaltären ist nur der Rochusaltar aus den Jahren um 1530 erhalten, der jetzt im Chor schräg gegenüber der astronomischen Uhr aufgestellt ist. Vom einstigen »Marienaltar« aus der Zeit um 1430 ist ein Flügel erhalten, und von einem nicht genau bestimmbaren mittelalterlichen Altar wurde 2009 unter einem anderen Gemälde ein Passionsbild entdeckt, das jetzt im Nordquerhaus hängt.

Die prächtige Renaissance-Kanzel inmitten der Kirche wurde 1574 vollendet und dort aufgestellt, wo die Gemeinde sich am besten versammeln konnte, um der Predigt zu folgen. Das war die Vierung, wo sich Lang- und Querhaus kreuzen. Während der Kanzelkorb in der Rostocker Werkstatt des damals berühmten Antwerpener Künstlers Rudolf Stockmann entstand, wurde der Schalldeckel 150 Jahre später durch einen Rostocker Bildhauer und einen Tischlermeister nunmehr im Stil des Barock gefertigt. Der Korb und die Treppe zeigen Szenen aus dem Leben Jesu, der Deckel enthält Bilder aus dem Buch der Offenbarung des Johannes.

Zu den international bekannten Stücken zählt die astronomische Uhr, die als einzige dieser Art weltweit noch über ihr historisches Uhrwerk verfügt. 1472 wurde die Vorgängeruhr ersetzt. Diese stammte von 1379, und aus jenem Jahr erhalten ist, als zweitälteste Glocke dieser Art in Deutschland, die noch heute genutzte Stundenglocke in der Turmlaterne, deren Mechanismus wohl in Verbindung mit der ersten Uhr stand. Nach der Fertigstellung der Marienkirche als Basilika beauftragten die Rostocker den in Danzig tätigen Hans Düringer mit dem Bau einer neuen astronomischen Uhr, die noch prächtiger als die Danziger ausfallen sollte. In nur wenigen Jahren entstand bis 1472 die 11 m hohe Uhr mit ihrer 16 m2 großen Uhrenscheibe und dem Kalenderraum, die beide dem kundigen Auge Angaben u. a. zu Mondphasen und Tierkreiszeichen geben. Die fünf mittelalterlichen mechanischen Werke werden noch immer täglich von Hand aufgezo- gen – die Uhr funktioniert tadellos! Glücklicherweise verfiel sie nicht wie ihre Danziger Schwester in nachreformatorischer Zeit als katholisches Relikt, sondern wurde 1620 und 1641 bis 1643 repariert und modernisiert. 1835 wurde die Uhr bei Gewölbearbeiten stark in Mitleidenschaft gezogen, jedoch 50 Jahre später erneut repariert und restauriert. 1942 schließlich rettete der Einsatz des Turmdieners und seiner Tochter mit der Kirche auch die Uhr, die 1943 aus Sicherheits- gründen eingemauert wurde. 1951 legte man sie wieder frei, 1974 bis 1977 erfolgte eine vollständige Restaurierung der Mechanik. Wenn die seit 1885 geltende Kalenderscheibe am 1. Januar 2018 ungültig wird, steht bereits eine neue bereit. Diese gilt dann bis 2150.

Das z.T. über 500 Jahre alte Glockengestühl und die bis zu 700 Jahre alten Glocken gehören zu den bedeutendsten im Ostseeraum. Die Älteste im Geläut ist die Bürgerglocke aus der Zeit um 1300. Sie wurde 1945 durch eine Granate beschädigt und stand nach einer misslungenen Reparatur bis 2010 in der Kirche. Von 1409 stammt die Große Glocke, die ebenso wie die Stundenglocke von 1379 und die sagenumwobene »Bleichermädchenglocke« aus der Zeit um 1450 in der bekannten Werkstatt des Rickert de Monkehagen entstand. Die Wächterglocke aus dem Jahr 1554 musste im Zweiten Weltkrieg abgeliefert werden, entging jedoch dem Einschmelzen und hing bzw. stand bis 2010 in der Petrikirche. Die historischen Glocken wurden mit Ausnahme der intakten Stundenglocke 2011 im Rahmen eines großen Glockenprojekts restauriert und sind seit- dem zusammen mit einer neuen Betglocke und einer neuen Sakramentsglocke im Dienst.

Ansicht: von Südost
M.Poley,St.Nikolai,Wismar